Vorwort fuer Laien Lieber Laie, wieder einmal freut es mich, dass Du angefangen hast, dieses Vorwort zu lesen. Ich hoffe, dass es mir in diesem Vorwort gelingt, das Thema, mit dem ich mich fuer mehr als drei Jahre waehrend meiner Doktorarbeit beschaeftigt habe, ein wenig verstaendlich zu machen. Das letztendliche Ziel der Physik besteht darin, eine umfassende Beschreibung unserer Welt zu finden. Oft wird dieses mit dem Begriff ``Weltformel'' umschrieben. Diese Arbeit hat (wie wohl alle Arbeiten auf dem Gebiet der Elementarteilchenphysik) versucht, dazu einen, wenn auch sehr kleinen, Beitrag zu leisten. Die Weltformel ist bisher nicht bekannt. Aber es gibt eine allgemein anerkannte Naeherung dafuer, diese wird ``Standardmodell (SM) (der Elementarteilchenphysik)'' genannt. Das SM beschreibt so gut wie alle Phaenomene der Elementarteilchenphysik mit sehr hoher Genauigkeit. Allgemein anerkannt ist jedoch auch, dass das SM einiges _nicht_ beschreiben kann, woraus klar wird, dass es sich dabei nur um eine Annaeherung an die Weltformel handelt. Die Physik versucht nun, diese Annaeherung an die Weltformel immer weiter zu verbessern, um schliess lich die ``endgueltige'' Weltformel zu finden. Es ist allerdings nicht zu erwarten, dass die Physik im naechsten Schritt sofort die endgueltige Weltformel findet. Zunaechst sind die Physiker an der naechsten Stufe, der naechstbesseren Annaeherung interessiert. Ein Vorschlag fuer diese naechstbessere Naeherung ist das sogenannte ``Minimale Supersymmetrische Standardmodell (MSSM)'', welches auch im Titel dieser Arbeit auftaucht. Es stellt sich jetzt fuer die Wissenschaft die Frage, wie man entscheiden kann, ob es sich bei dem MSSM, im Gegensatz zum SM, wirklich um eine bessere Naeherung fuer die Weltformel handelt. Die Antwort ist vom Prinzip her relativ einfach: Jedes Modell macht Vorhersagen ueber die Beschaffenheit der Natur, die mit einem Experiment getestet, verglichen werden koennen. Stimmen die Vorhersagen des MSSM besser mit den experimentellen Ergebnissen ueberein als die Vorhersagen des SM, so handelt es sich um eine bessere Annaeherung an die Weltformel. Ist dies nicht der Fall, so handelt es sich bei dem MSSM um einen Irrweg und das ``alte SM'' ist besser. Leider tauchen hier drei neue Probleme auf: Erstens muessen die Vorhersagen der Modelle berechnet werden, was sich als recht kompliziert herausgestellt hat. Auss erdem sind die Vorhersagen der beiden Modelle recht aehnlich. Deshalb ist es zur Unterscheidung notwendig, die Vorhersagen moeglichst genau zu berechnen. Drittens muessen die Experimente durchgefuehrt werden, was leider erst innerhalb der naechsten 10 Jahre moeglich sein wird. Meine Arbeit hat sich mit der Berechnung einiger Vorhersagen des MSSM beschaeftigt. Das gross e hierbei auftretende Problem ist, dass es im allgemeinen nicht moeglich ist, exakte Vorhersagen auszurechnen. Man kann nur Naeherungswerte fuer sie berechnen. Die einfachste Naeherung wird ``Baum-Niveau-'' oder ``Tree-Level-Rechnung'' genannt. Die naechstgenauere Naeherung wird ``1-Schleifen-Rechnung'' genannt, die darauffolgend genauere Naeherung heiss t ``2-Schleifen-Rechnung'' usw. Bisher waren die Vorhersagen des MSSM in der Naeherung der ``1-Schleifen-Rechnung'' bekannt. Meine Arbeit hat sich, wie es der Titel schon ausdrueckt, mit der naechstgenaueren Naeherungsstufe beschaeftigt: Es wurden Vorhersagen in der ``2-Schleifen-Naeherung'' berechnet. Ich moechte dies an einem Beispiel aus der Arbeit verdeutlichen: Sowohl das SM als auch das MSSM sagen ein bisher noch nicht entdecktes Elementarteilchen Fussnote: Ein Elementarteilchen ist ein Grundbaustein der Materie, der nicht weiter in kleinere Bausteine aufgeteilt werden kann. Fussnotenende voraus, das sogenannte Higgs-Teilchen. Das MSSM macht (im Gegensatz zum SM) eine Vorhersage, wie schwer dieses Teilchen sein sollte. Wuerde man das Higgs-Teilchen im Experiment finden, so koennte man seine Masse, sein Gewicht bestimmen und mit der Vorhersage des MSSM vergleichen. Leider ist diese Vorhersage nicht eindeutig, sondern haengt zu einem gewissen Teil von anderen Parametern (unbekannten Groess en) dieses Modells ab. Die Berechnung dieser Masse m_h (der Index h steht hierbei fuer ``Higgs'') kann nun in der ``Tree-Level-Naeherung'', in der ``1-Schleifen-Naeherung'', in der ``2-Schleifen-Naeherung'' usw. erfolgen. Vor dieser Arbeit waren die Tree-Level- und die 1-Schleifen-Rechung vollstaendig durchgefuehrt worden. In dieser Arbeit haben wir einen Teil der ``2-Schleifen-Rechnung'' durchgefuehrt. Diese erlaubt nun eine genauere Vorhersage der Masse des Higgs-Teilchens. Um das ein wenig klarer zu machen, muss man die Diagramme auf den Seiten 84 bis 89 betrachten. Die meisten Beschriftungen sowie die beiden obersten Kurven in den Diagrammen muessen nicht weiter beachtet werden. Wichtig ist nur folgendes: Auf der Hochachse aller Diagramme ist m_h aufgetragen (Beschriftung links neben der Achse). Auf der Laengsachse ist entweder Msquark oder M_A aufgetragen, dabei handelt es sich um andere, unbekannte Groess en des MSSM. Die Diagramme enthalten also die Vorhersage von m_h in Abhaengigkeit von Msquark oder M_A. Fussnote: Etwas mathematischer Ausgedrueckt: Genauso wie man in der Schule eine Funktion y in Abhaengigkeit von x gehabt hat, geschrieben y(x), so hat man hier die Vorhersage von m_h in Abhaengigkeit von M_A oder Msquark, geschrieben mh(MA) bzw. mh(msq). Fussnotenende Jedes Diagramm enthaelt 5 Linien, die jeweils auch in der Legende der Diagramme vorkommen. Hiervon muessen die beiden oberen (die in der Legende den Zusatz ``max. mixing'' besitzen) nicht weiter beachtet werden. Die Strich-Punkt-Linie zeigt jeweils das Ergebnis der ersten Naeherungsstufe, der ``Tree-Level-Rechnung''. Die gross gestrichelte Linie zeigt die naechstgenauere Naeherung, die ``1-Schleifen-Rechnung'' (im Diagramm mit ``1-loop'' bezeichnet) fuer jeweils eine bestimmte Wahl der anderen unbekannten Groess en im MSSM. Die durchgezogene Linie zeigt nun das Ergebnis meiner Arbeit: Die Vorhersage von m_h in der ``2-Schleifen-Naeherung'' (im Diagramm mit ``2-loop'' bezeichnet). In allen Diagrammen erkennt man, dass das Ergebnis der ``2-Schleifen-Naeherung'' deutlich unterhalb der ``1-Schleifen-Naeherung'' liegt. Das bedeutet, dass das Higgs-Teilchen eine kleinere Masse besitzt als bisher vermutet. Dies ist eines der Hauptergebnisse dieser Arbeit. Je leichter ein Elementarteilchen ist, desto einfacher laess t es sich in einem Experiment nachweisen, da man weniger Energie benoetigt, um es zu erschaffen. Diese Arbeit zeigt nun, dass das Higgs-Teilchen einfacher zu finden sein sollte, als es nach der ``1-Schleifen-Naeherung'' zu erwarten war. D.h. es sollte einfacher zu sein, diese Vorhersage des MSSM zu testen. Letztendlich sollte es einfacher sein, zu entscheiden, ob es sich bei dem MSSM um eine bessere Annaeherung an die Weltformel handelt als beim SM. Wenn die entsprechenden Experimente innerhalb der naechsten 10 Jahre durchgefuehrt werden, sollte es moeglich sein, diese Frage zu entscheiden und somit einen gross en Schritt in Richtung des letztendlichen Zieles der Physik zu tun: ``Erkennen, was die Welt im Innersten zusammenhaelt.'', d.h. die endgueltige Weltformel zu finden. Ich hoffe, dass es mir gelungen ist, sowohl ein wenig klarer zu machen, womit sich meine Arbeit beschaeftigt hat, als auch ein wenig von der Spannung, die in der Elementarteilchenphysik steckt, zu vermitteln. Ich wuensche noch viel Spass mit dem (wahrscheinlich leider recht unverstaendlichen) Rest der Arbeit :-)